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Zur KasseStefan ist eigentlich eher ein
unscheinbarer Typ, den man auf der Strasse ohne weiteres übersehen würde - weiche Gesichtszüge, wässrig blaue Augen und von eher kleiner Statur. Als er mir vorschlug, für mich Aufträge zu akquirieren war ich zunächst skeptisch. Das Geschäft mit Werbevideos lief nicht gut, und wenn dann mal ein Auftraggeber anbiss, wollte er nur wenig bezahlen. Der Markt war einfach gesättigt, und ich war es müde, jedem die Vorzüge hoher Qualität und professioneller Produktion von neuem erklären zu müssen. Also liess ich mich auf das Experiment ein, und nahm ihn zum nächsten Kundengespräch mit. Er hatte sich zuvor von mir erklären lassen, was er dem Kunden sagen soll, und wir vereinbarten, dass ich mich zurückhalte, und ihn reden lasse. Wir betraten das Büro des Sales-Managers. Der Raum war stilvoll mit Designermöbeln ausgestattet. An der Wand hing ein modernes Gemälde - vermutlich ein echter Neo Rauch. Es war wie schon so oft: Man spürte das geballte Kapital, das in dem Unternehmen konzentriert war - und ich sass hier, und hoffte, wenigstens ein paar Münzen davon abzubekommen. Der Sales-Manager begrüsste mich mit einem kühlen Händedruck. Dann gab er Stefan ebenfalls die Hand - und - lächelte ihn freundlich an. Dabei sah ich kurz etwas unter Stefans linker Manschette aufblitzen, das sich gleich wieder meinem Blick entzog. Ab diesem Moment spielte ich nur noch eine Zuschauerrolle im folgenden Geschehen, das ich mit ungläubigem Staunen verfolgte. Zwischen dem Sales-Manager und Stefan entspann sich ein Gespräch über edle Weinsorten und die Vorzüge beheizter Swimming-Pools. Lange diskutierten sie darüber, ob Porsche oder Maserati das bessere Alltagsauto herstellen. Sie redeten auf einer Augenhöhe - das war mir noch nie widerfahren! Ich war verwirrt. Was war nur an Stefan so besonders ? Ich hielt es nicht mehr aus, und da mir sowieso keine Beachtung geschenkt wurde verzog ich mich zehn Minuten auf die Toilette, um dort heimlich eine Zigarette zu rauchen. Als ich wieder zurückkam verabschiedete sich Stefan gerade herzlich von dem Sales-Manager, der ihm kumpelhaft auf die Schulter klopfte. Dabei sah ich wieder dieses metallische Blitzen unter Stefans Manschette, und diesmal erkannte ich den Gegenstand der die Ursache dafür war: Eine Rolex! Stefan lächelte mich geheimnisvoll an, als wir das Gebäude verliessen. Er hatte einen kompletten Produktionsvertrag abgeschlossen, aber nicht nur das: Er hatte meinen Preis einfach verdoppelt! Ich fragte ihn wie das möglich ist, und er antwortete nur: "Replica Uhr". Ich verstand nicht, und fragte weiter: "Meinst du damit die Rolex an deinem Arm ? Ich habe mich schon gewundert, dass du dir so etwas leisten kannst. Naja, bei deinem Talent...". Nun erklärte Stefan mir sein Geheimnis: "Talent ist schön und gut, aber was zählt ist der erste Eindruck den du machst. Deshalb habe ich diese Rolex Replica Uhr." Ich konnte es nicht glauben: "Das soll eine Replica Uhr sein ? Sie sieht aus wie eine echte Rolex. Das musst du mir beweisen. Wo ist der Unterschied ? Replica Uhren muss man doch ansehen, dass es eben nur Replica Uhren sind". Stefan brach in schallendes Gelächter aus, dann sagte er prustend: "Das kann ich dir nicht beweisen. Sie ist echt. Eine echte Replica Uhr, die genauso aussieht wie eine echte Rolex. Wieso sollten gute Replica Uhren anders aussehen ? Dann wären es ja keine Replica Uhren mehr, oder ?" Nachdem er sich wieder beruhigt hatte erinnerte er mich daran, dass er noch Provision bekommt. Schliesslich würde es ja wohl das erste und das letzte Mal sein, dass er für mich akquiriert, denn bei den nächsten Kundengesprächen - das ist klar - werde ich meine eigenen Replica Uhren tragen.